Beratungswerkstatt Berlin
Jens Walter
Diplom-Psychologe Supervisor / Coach DGSv
Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologe
 

Start Systemische Supervision Systemische Supervision für LehrerInnen

© 2005 walter
 

Systemische Supervision für Lehrerinnen und Lehrer

Die Anforderungen an die Schulen werden immer höher und damit auch an die dort Arbeitenden: LehrerInnen sind davon ebenso betroffen wie SchulleiterInnen, ErzieherInnen, SozialpädagogInnen. Dass dem so ist, ist mittlerweile zum Allgemeinplatz geworden. Wie bei anderen Organisationen werden auch im Schulsystem relevante Entwicklungen durch gravierende Veränderungen in den wichtigen Umwelten ausgelöst: seien es neue gesetzliche Grundlagen, die „PISA"-Studie, Veränderungen auf „Kundenseite" (Schüler und Eltern) etc. Gleichzeitig unterscheidet sich das System „Schule“ signifikant von anderen Organisationen aus dem Wirtschafts- und Verwaltungsbereich. Das System Schule zeichnet sich durch eine Reihe bestimmender Differenzen aus, die in dieser Form in keiner anderen Organisationsform zum Tragen kommen. Ich möchte drei herausgreifen:

• Differenz der Generationen
In der Schule verwirklicht sich der Grundwiderspruch zwischen den Generationen. Diese bekannte und banale Tatsache bestimmt die tägliche Arbeit und kennzeichnet die typischen Belastungs- und Stresssituationen. Widerspruch und Konflikt sind daher an der Tagesordnung und gehören zum ganz normalen Geschäft. LehrerInnen sind während ihrer gesamten Berufslaufbahn (notwendiger) „Reibebaum“ für ihre Schüler und stehen dabei auch selbst in einem Rollenkonflikt: Als Wissensvermittler und Erzieher sind sie Anwälte der Erwachsenenwelt gegenüber den Heranwachsenden, sie müssen die SchülerInnen mit den Anforderungen der Gesellschaft konfrontieren und in diese einführen. Gleichzeitig sind sie aber ebenso Anwälte der Kinder und Jugendlichen gegenüber den Zwängen und Anforderungen der Erwachsenenwelt sollen sie ihnen doch ermöglichen, sich nach ihren Regeln zu entwickeln, ihr eigenes Potential zu entfalten und ihre eigene Identität auszubilden.

• Die Potenzierung des Unmöglichen: das Steuern individuellen Lernens in
kollektiven Strukturen
Die "Produkte" von Schulen sind Lernprozesse. Die Leistungen der Schule beruhen in besonders hohem Maße auf dem persönlichen Können, der persönlichen Verfassung und der persönlichen Bereitschaft jedes einzelnen Lehrers bzw. jeder einzelnen Lehrerin. Das Produkt ihrer Arbeit - "Lernprozesse" - ist ausgesprochen schwer messbar und nicht linear herstellbar. Ob Lernen in den Köpfen der Schüler passiert, wird von den Schülern entschieden; LehrerInnen sind auf eine hohe Kooperationsbereitschaft der Schüler angewiesen. Schulisches Lernen geschieht nicht durch den Lehrer, jedoch auch nicht ohne ihn. Hauptthema der Lehrerprofession ist das "Management" der Schulklasse bzw. des Unterrichts als soziales System. Sind schon Lern- und Entwicklungsprozesse beim Individuum reichlich komplex, so potenziert sich die Komplexität, wenn man eine ganze Schar von Individuen vor sich hat. Die Maßnahmen der Lehrenden beziehen sich immer - geplant oder ungeplant - auf Personen und das soziale System zugleich (doppelte Systemreferenz).

• LehrerInnen als "Solisten" und Organisationsmitglieder
Als wären die bis hierhin skizzierten Anforderungen nicht schon anspruchsvoll genug, tritt zusehends eine weitere Herausforderung hinzu: LehrerInnen sollen nicht nur lehren, sondern auch noch als Organisationsmitglieder ihre eigene Institution fortentwickeln (innere Schulreform). Einerseits ist Schule eine durch Gesetze und Erlasse hoch kodifizierte Einrichtung und damit überdeterminiert, andererseits bietet sie bislang wenig an organisationsinterner Binnenstrukturierung und erscheint insofern unterdeteminiert. In diesem Spannungsfeld (glänzender Solist im Unterricht und erfolgreicher team player) geht (das Erleben von) Handlungsfähigkeit leicht verloren: Alle wollen was von einem und alle wollen etwas Unterschiedliches; was man auch tut, es scheint nie genug zu sein. Die Strukturen, die dies erst möglich machen würden, muss/soll man auch noch selbst erschaffen. Wie funktioniert eigentlich Organisationsentwicklung?

SYSTEMISCHE SUPERVISION als Mehr-Ebenen-Beratung für einen "unmöglichen" Beruf
Die kurze Skizze der prinzipiellen Schwierigkeiten des Lehrerberufs markiert auch den Bedarf an beraterischer Unterstützung für die Arbeitenden in diesem Bereich. Unter dem Oberbegriff SUPERVISION versteht man gemeinhin Weiterbildungs-, Beratungs, und Reflexionsverfahren für berufliche Zusammenhänge. Das allgemeine Ziel der Supervision ist es, die Arbeit der SupervisandInnen zu verbessern. Damit sind sowohl Arbeitsergebnisse als auch Arbeitsbeziehungen zu den KollegInnen, Vorgesetzten und "Kunden" wie auch organisatorische Zusammenhänge gemeint. Systemische Supervision versucht diese unterschiedlichen Systemebenen in ihrer wechselseitigen Bedingtheit zu erfassen und angemessene (umsetzbare!) Lösungen zu entwickeln. Entgegen der obigen abstrakten Darstellung bezieht sich die Supervision immer auf die konkreten, einzigartigen Bedingungen der Arbeit und wie sie sich im Erleben, Denken, Fühlen und Handeln der jeweiligen LehrerInnen widerspiegeln. Je nach Betrachtungsebene kommt es dabei zu unterschiedlichen, "typischen"

Supervisionsthemen und -anliegen:

Die individuelle Ebene
*Unter- und Überforderung *Stress und Coping *Burn-out-Prophylaxe *Handlungs(un)möglichkeiten *Ängste *Professionelles Selbstverständnis *Freude an der eigenen Arbeit *Ressourcen *...

Die Dyade LehrerIn - SchülerIn
*Fördern und Fordern *Nähe-Distanz-Regulation *Aggressionen *...

Arbeitsbeziehungen I: Lehrer und das soziale System "Unterricht"
*Autorität(sverlust) *Individualität vs Kollektivität *Wissensvermittlung und soziale Kompetenz *Konflikte *Gewalt *Gerechtigkeit *neue Unterrichtsformen *Grenzen setzen *Kontrolle vs Selbstverantwortung *Kommunikation *...

Arbeitsbeziehungen II: KollegInnen und Vorgesetzte
*gestörte und versiegende Kommunikation *Konflikte mit KollegInnen und Vorgesetzten *Kränkungen *Mobbing *Konkurrenz *Vereinzelung *Ablehnung und Wertschätzung *...

Die organisationale Ebene
*Möglichkeiten und Grenzen von Teams *kooperative Strukturen *Arbeitsteilung *Kontrolle und Autonomie *Binnenstrukturierung *eigene Positionierung *Entwicklung geeigneter Kommunikations- und Besprechungsstrukturen *...

Supervisionsformen
Supervision kann in verschiedenen Settings stattfinden; prinzipiell ist jedes Setting auch für LehrerInnen geeignet. Die Auswahl des "richtigen" Settings richtet sich nach den bestimmenden Fragestellungen und nach Ihren persönlichen Vorlieben.

Einzelsupervision
Vorteile: *geringere Hemmschwelle, persönlich Bedeutsames anzusprechen *Fokussierung auf eigene Fragestellungen
Nachteil: *Kosten werden alleine getragen

Gruppensupervision
(mit LehrerInnen aus verschiedenen Schulen)
Vorteile: *höhere Problemlösekapazität durch Mehrperspektivität *größere Vielfalt von Erfahrungen und Kompetenzen im Umgang mit schwierigen Situationen *Austausch *Kostenteilung etc.
(mit LehrerInnen aus einer Schule)
Vorteile: *wie oben *zusätzlich: gemeinsamer Erfahrungshintergrund
Nachteil: *Gefahr der informellen Cliquenbildung und Ablehnung durch nicht teilnehmende KollegInnen

"Team"-Supervision
Besonderheiten: *nur sinnvoll für LehrerInnengruppe, die eine gemeinsame Arbeitsaufgabe hat (oder demnächst haben wird) *erfordert möglichst klaren Arbeitsauftrag für das Team und die Supervision durch die Schulleitung *Teambildung, Auftrag, Funktion müssen dem übrigen Kollegium transparent gemacht werden
Vorteile: *Maßnahmen können direkt umgesetzt werden *Erprobung von Kooperations- und Kommunikationsstrukturen *Alltagsnähe etc.

... und wenn mir das alles nichts bringt?
Dann hören Sie einfach wieder damit auf. Einfach so. Supervision ist freiwillig und keine Zwangsveranstaltung (und kein Zeitschriftenabo...). Sie machen genau so lange Gebrauch davon, wie Sie das Gefühl haben, davon zu profitieren. Dauer, Frequenz und Inhalte werden von Ihnen bestimmt.