Beratungswerkstatt Berlin
Jens Walter
Diplom-Psychologe Supervisor / Coach DGSv
Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologe
 

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© 2005 walter
 

10 Thesen zur psychologischen Beratung von
Arbeitenden und Organisationen

1. Psychologische Beratung ist eine Dienstleistung. Vielleicht keine „gewöhnliche“
(weil man sich erst daran gewöhnen muss...), aber auch keine abstruse oder absonderliche. Wie jede andere Dienstleistung kauft man sie, wenn man meint, dass sie einem zu einem bestimmten Zeitpunkt nötig oder angemessen und nützlich erscheint. Supervision, Coaching, Organisationsberatung etc. sind Dienstleistungen für Professionelle, d.h. in der Regel für „gesunde“ Erwachsene, deren psychische Regulationsmechanismen intakt sind. Alle diese Dienstleistungen beziehen sich primär auf die Arbeitssphäre der Kunden; sie sind keine Psychotherapie o.ä.

2. Supervision, Coaching, Organisationsberatung etc. sind keine irgendwie magischen, mystischen oder sonstwie geheimnisvollen Leistungen, sondern basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen (bzw. sollten darauf basieren) wie sie die wissenschaftliche Psychologie (Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie, Personalpsychologie, Klinische Psychologie etc.) und andere Wissenschaften (Wirtschaftswissenschaften, Philosophie, Pädagogik etc.) hervorgebracht haben.
D. h. professionelle Beratung ist (oder sollte nach meinem Verständnis) nachvollziehbar (sein).

3. Oberstes Gebot ist deshalb Transparenz. Ich tue nichts mit meinen Kunden, worüber ich sie nicht vorher aufgeklärt habe und wozu sie nicht ihr Einverständnis gegeben haben. Manipulative Methoden lehne ich ab.

4. Ich respektiere und schätze die profunde Professionalität meiner Kunden. Sie beherrschen ihr jeweiliges Metier. Gerade weil sie bei bestimmten Fragestellungen oder Problemen Unterstützung von außen nachsuchen, betrachte ich sie nicht als defizitär, sondern als prinzipiell entwicklungsfähig und –bereit.
Die Beratung findet „auf Augenhöhe“ statt.

5. Beratung, wie ich sie verstehe, initiiert, unterstützt und begleitet die Selbstveränderungsbestrebungen meiner Kunden. Das trifft auf Einzelne wie auf Teams und ganze Organisationen zu.

6. Welche Art von Beratung konkret gewünscht wird, entscheidet der Kunde. Falls die „Indikation“ nicht eindeutig ist, bin ich bei der „richtigen“ Auswahl gerne behilflich; entscheidend ist, welches Ziel der Kunde mit der Beratung erreichen will. Ebenso bleibt er/sie HerrIn über das Geschehen: Zeitlicher Umfang, Dauer, Frequenz, Inhalte und Methoden werden von ihm/ihr bestimmt. Ich mache Vorschläge, die sich aus meinen Kenntnissen und Erfahrungen mit ähnlichen Problemlagen und erfolgreichen Lösungsansätzen speisen.

7. Wer arbeitet, trifft auf Widerstände, Ungereimtheiten, Probleme, Konflikte, Interessengegensätze, Merk- und Denkwürdiges, Beflügelndes und Niederschmetterndes, Unverständliches, schwer Einschätzbares usw. Jeder, der mit wachen Augen sein eigenes Tun, und seine Umwelt wahrnimmt, kennt diese Phänomene. Sie sind offenbar schlicht unvermeidlich. Alle diese Dinge können Anlass geben, sich Rat zu suchen, um diese Phänomene besser zu verstehen und geeignete(re) Handlungsweisen zu entwickeln.

8. Einzige Grundbedingung für die erfolgreiche Beratung ist die Bereitschaft des Kunden, genau diese Phänomene zum Thema der Beratung zu machen. Das erfordert eine gewisse Offenheit, Einblicke in die eigene Arbeitstätigkeit und ihre Kontextbedingungen zu gewähren. Wie weit diese Offenheit im einzelnen geht und wo sie ihre Grenzen findet, entscheidet der Kunde.

9. Für die Dauer der Beratung stehe ich mit meinem ganzen Wissen und Können dem Kunden zur Verfügung; was er jeweils davon für sich nutzen will, entscheidet er oder sie. Ihr Erfolg ist mein Erfolg.

10. DON´T BELIEVE THE HYPE! Zwar ist es Aufgabe eines seriösen Beraters, über neue Entwicklungen auf dem Beratungsmarkt informiert zu sein. Aber nicht alles Neue muss man auch den Kunden unbesehen angedeihen lassen. Insbesondere Verfahren und Methoden, die mit einem übertriebenen Allgemeingültigkeitsanspruch auftreten und oft Heilsversprechen („Alles wird gut, wenn du nur ...“) ähneln, sind vom Berater kritisch zu prüfen, ob und in welchem Maße sie wirklich zu einer größeren Autonomie des Kundensystems beitragen. Der kritische Sachverstand der Kunden soll gefördert und nicht durch wolkige und unhinterfragte Ideologien behindert werden.